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XX1 Technik – Saison-Test der 1x11 Schaltung von SRAM
#1
Nach der ersten Saison mit der SRAM XX1-Schaltung am Enduro Bike ist es Zeit, von meinen Erfahrungen zu berichten. Eines vorweg: Ich habe die Kette auch ohne Kettenführung nie verloren und solange nichts Besseres kommt, würde ich die Schaltung nicht mehr hergeben. Andererseits hatte ich Verschleißprobleme mit den Kettenblättern und von der häufig gepriesenen perfekten Schaltperformance konnte ich auch meist wenig spüren.

Im ersten Teil geht es hauptsächlich um einen Vergleich des Gewichts und der Übersetzungsbandbreite. Im zweiten Teil, um die Eindrücke der SRAM XX1-Schaltung in der Praxis.

Mit XX1 brachte SRAM letztes Jahr eine komplett neue Schaltungstechnologie in die Mountainbike-Welt. Dank einer übergroßen Kassette mit 11 Gänge von 10 bis 42 Zähnen geschaltet mit einem speziellen Schaltwerk soll man vorne mit nur einem Kettenblatt auskommen. Um die spezielle Kassette (X-Dome) mit dem kleinen 10er Ritzel montieren zu können, ist ein spezieller Freilauf (XD-Freilauf) notwendig.

Dank dem Zusammenspiel von einigen neuen und alten Lösungen soll die Kette auch ohne Kettenführung und auch bei extremen Gelände auf diesem einen Kettenblatt bleiben:
  • Das Kettenblatt hat längere Zähne. Da vorne nicht geschaltet wird, sind auch keine verkürzten oder verkleinerten Zähne wie auf herkömmlichen Kettenblätter notwendig.
  • Die Zähne sind unterschiedlich breit. Damit wird die Kette bei jedem Kettenglied seitlich präzise geführt und nicht nur bei jedem zweiten Kettenglied wie bei herkömmlichen Kettenblätter.
  • Die von den SRAM-Type 2 Schaltwerken bekannte „Roller Bearing Clutch“ (Hülsenfreilauf) sorgt für einen höheren Kraftaufwand bei der Vorwärtsbewegung des Käfigs. Merkbar ist das deutlich an einem höheren Losbrechmoment. Beim Gangwechsel oder beim Einfedern des Hinterbaus soll sich der Käfig bewegen, das Kettenschwingen bei Schlägen aber möglichst eliminiert werden.
[bigimg]9651 Vermutlich die wichtigste Komponente, um ohne Kettenführung die Kette auch im rauen Gelände nicht zu verlieren: Das XX1 Kettenblatt mit längeren und abwechselnd schmalen und breiten Zähnen.[/bigimg]

Vor genau einem Jahr stand ich vor der Entscheidung welche Schaltung auf mein Bike soll. Freunde, die XX1 schon ein paar Wochen fuhren, berichteten von den Vorzügen dieser 1x11 Schaltung: Das Bike wird unglaublich leise, weil die Kette kaum mehr schlägt – insbesondere nicht gegen die Führungsbleche von Umwerfer oder Kettenführung. Auch der Komfortgewinn durch den Wegfall der vorderen Schaltung und die Möglichkeit, den Hebel für die Sattelstütze links zu montieren, wurden hervorgehoben.

Interessant ist natürlich auch der Gewichtsvorteil. Man spart sich doch das zweite Kettenblatt, den Umwerfer, den linken Schalthebel, die Züge zum Umwerfer und eine Kettenführung. Mehrgewicht kommt praktisch nur vom massiveren Schaltwerk – aber auch nur im Vergleich zu anderen High-End Schaltwerken. Die große und trotzdem extrem leichte XX1 Kassette wird beim Gewicht merklich auch nur von der XX Kassette unterboten.

Dagegen stand einerseits der Preis, andererseits das eingeschränkte Übersetzungsverhältnis. Und ob die Kette wirklich immer dort bleibt, wo sie soll, war ebenfalls noch unklar.

[bigimg]9646 Der XX1 Antrieb neu. Vorne 1-fach ohne Umwerfer und Kettenführung. Dafür 11 Gänge auf der Kassette.[/bigimg]

[bigimg]9647 Der XX1 Antrieb nach Ende der Saison[/bigimg]

XX1 Gewicht und Preis

Wie das XX in XX1 schon andeutet, handelt es bei der XX1 Schaltgruppe neben der XX um die hochwertigste Schaltgruppe für Mountainbikes bei SRAM. Die 11-fach-Kassette wird bis auf die große 42er Aluscheibe aus einem Stück gefräst. Nobel, leicht und sauteuer. Trotz der Größe ist sie mit 268 g daher leichter als die meisten Standard-Kassetten. Auch das massiv wirkende Schaltwerk kann mit den Schaltwerken der Top-Gruppen mithalten (nur das XX ist um knapp 50 g leichter). Durch Wegfall vom linken Schalthebel, des Umwerfers, der zweiten Zahnscheibe und des zweiten Schaltzuges spart man locker 400 g. Mit Kettenführung und Bashguard oder Guide-Ring werden andere Schaltungen noch um mindestens 150 g schwerer.

Der Straßenpreis der gesamten Gruppe lag Anfang des Jahres bei knapp unter 1000,- Euro. Mittlerweile bekommt man die Gruppe noch günstiger.

Als Alternative hätte ich mir folgende Komponenten zusammengesucht: Eine X0 2-fach-Kurbel mit leichten Carbon Bashring, weil es die direkt in der BB30/PF30-Ausführung gab. X0 Umwerfer. Wegen der schlechten Erfahrungen mit dem X9-Schaltwerk letztes Jahr (ständig Schaltseil gerissen), sollte es eine Shimano Schaltung werden: XT-Schaltwerk, weil ich ein Schaltwerk in gewisser Weise als Verschleißteil ansehe. Dafür die sehr guten XTR-Schalthebel. Aus Preisgründen eine XT-Kassette.

Im Vergleich zu XX1 wäre ich damit um 600 g schwerer geworden. Bei einer Preisersparnis von 300,- Euro. Im High-End- bzw. Leichtbau-Bereich sind 50 Cent für ein gespartes Gramm ein sehr guter Deal!

Hier eine Vergleichstabelle der Gewichte mit anderen Schaltungen. Alle Angaben ohne Gewähr. Teilweise geschätzt bzw. umgerechnet, wenn etwa ein Umbau (Kettenblätter) notwendig ist.

[bigimg]9648 Gewicht der XX1 Schaltung im Vergleich zu X9, X0, XX, XT und XTR.[/bigimg]

[bigimg]9131 Gewicht der XX1 Schaltungsgruppe ohne Innenlager und Schaltbowden.[/bigimg]
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Übersetzungsbandbreite im Vergleich

Zurzeit geht der Trend bei den abfahrtsorientierten Tourenbikern ganz stark Richtung 1-fach Kurbel. Umwerfer und 2- oder 3-fach Kurbeln sind ein Krampf. Eine 11-36er Kassette hinten, und je nach Vorliebe 32er bis 36er Kettenblätter vorne. Kettenführung bzw. seit heuer auch die XX1-Nachbau-Kettenblätter mit längeren und abwechselnd breiten und schmalen Zähnen. Für die Kassette gibt es Umbaumöglichkeiten für eine größere Übersetzungsbandbreite.

In Gegenden ohne hohe Berge ist das eine gute Lösung. Im alpinen Bereich mit oft steilen Rampen oder durchgängig steilen Auffahrten allerdings suboptimal. Aber auch hier kommt es immer öfters zu regelrechten „Wettkämpfen“, wer die Berge mit den härtesten Gängen erzwingt.

Ich war in letzter Zeit allerdings viel im Bikepark und meine Tretleistung ließ ziemlich zu wünschen übrig. Langes, hartes Treten im Sitzen liegt mir nicht wirklich. Ob es für die Knie das Beste ist, ist auch fraglich - meinen möchte ich es jedenfalls nicht andauernd zumuten. Und wenn, dann aufs Dehnen nicht vergessen! Ab einer gewissen Steigung geht aber der Wiegetritt nicht mehr, da die Traktion am Hinterrad verloren geht. Außerdem ist man auf Dauer mit dem optimalen Gang schneller als mit einem zu harten. Viel zu hart sollte der leichteste Gang daher nicht sein.

Umgekehrt sind meine nächsten „Hometrails“ 10 – 15 km entfernt und da sollte dann auch auf der Eben was weitergehen. Daher war ich lange skeptisch, ob XX1 das Richtige für mich ist.

Ich habe mir eine Tabelle zusammengestellt, in der ich die Gangabstufung der einzelnen Schaltungen verglichen habe:

[bigimg]9650 Übersetzungsvergleich von XX1 mit anderen Schaltungen[/bigimg]

Was kann man in dieser Tabelle erkennen? Man sieht, dass XX1 eine Gesamtübersetzung von 420% hat (das größte 42er Kettenblatt geteilt durch das kleinste 10er ergibt 4,2 = 420%). Im Gegensatz dazu haben die 2-fach Schaltungen um die 500% und 3-fach über 600%. Klingt nach einem großen Unterschied, ist es aber gar nicht. Nehmen wir als Beispiel eine 2-fach Kurbel 24/38 und einer 11-34er Kassette. Gegenüber dieser Schaltung fehlt bei XX1 nicht mal ein Gang. Erklärung: Der kleinste Gang hat eine Übersetzung von 0,71 (Untersetzung). Der Schwerste Gang hat eine Übersetzung von 3,45. Bei XX1 hat man mit dem 30er Kettenblatt einen ähnlich leichten Gang (auch ca. 0,71). Der schwerste Gang hat aber nur eine Übersetzung von 3,00. Also niedriger als der schwerste Gang bei 2-fach 24/38 aber schwerer als der zweite Gang (2,92).

Mit einer 22/36 Kurbel und einer 11-36 Kassette hat man etwas mehr Übersetzungsbandbreite und somit ca. 2 Gänge mehr als bei XX1.

Weiters kann man in der Tabelle die Gangsprünge sehen. Das sind die Prozentangaben in den jeweils 2. Spalten neben den Anzahlen der Zähne der Zahnscheiben der Kassette. Der Sprung vom 1. auf den 2. Gang ist bei XX1 mit 20% besonders groß. Die Kassetten, die mit 11 Zähnen beginnen, haben hier 18,2%. Außerdem fällt auf, dass mehrmals ein Gangsprung von 16,7% vorhanden ist. Andere Kassetten haben einen so großen Sprung gar nicht oder nur einmal (11-36). Bei größeren Sprüngen tut man sich schwerer den richtigen Gang zu finden. Und theoretisch kann das Schaltverhalten negativ beeinflusst werden.

Interessant ist außerdem, dass ein Wechsel zum nächstgrößeren oder nächstkleineren vorderen Kettenblatt kaum ein halber Gangsprung ist. Wechselt man z.B. vom 32 auf das 30er Kettenblatt, geht das um 6,3% leichter. Die Gangsprünge an der Kassette sind aber zwischen 12,5% und 20%. Zu sehen ist das auch an den Abstufungen der vorletzten drei Gänge der Kassette: 28 – 32 – 36. Bei den Kettenblättern gibt es die Abstufungen 28 – 30 – 32 – 24 – 36.

An dieser Stelle auch ein Hinweis zu größeren Laufradgrößen: 650b Laufräder sind etwa 4% größer, 29er 11% (Felgendurchmesser). Wer also beim 26er ein 32er Kettenblatt gefahren ist und der kleinste Gang nicht härter werden soll, sollte bei einem 29er zum 28er Kettenblatt greifen. Bei 650b genügt ein Sprung um 2 Zähne – falls überhaupt notwendig.

Das sollte man auch Bedenken, wenn man sich zwischen einer XX1 oder der neuen X01 Kurbel entscheidet. X01 haben einen herkömmlichen Lochkreis womit das kleinste Kettenblatt auf 30 Zähne nach unten beschränkt ist. Alternativ könnte man auch auf Kettenblätter ohne Spider für SRAM Kurbeln wechseln (z.B. von Works Components). Allerdings verliert man mit dieser Variante die Möglichkeit, das Kettenblatt schnell und ohne Ausbau der Kurbel zu wechseln, wie das bei XX1 und X01 möglich ist.

Mit dem Vorsatz, schon im Winter sehr regelmäßig zu trainieren, ein paar Kilogramm abzunehmen und mit dem Wissen, dass das neue Bike statt 14,5 kg unter 13 kg wiegen sollte, entschied ich mich dann für XX1. Sicherheitshalber aber auch gleich mit einem zusätzlichen 30er Kettenblatt. Im Vergleich zur Standard-Übersetzung 24 zu 36 würde so nur ein halber Gang fehlen. Mit dem 32er Kettenblatt ist es knapp mehr als ein Gang.

XX1 Übersetzung in der Praxis

Im Laufe der Saison hat sich dann gezeigt, dass sowohl das 30er als auch das 32er Kettenblatt für mich ausreichend waren. Für eine längere Enduro-Tour in Finale Ligure zu Ostern hatte ich auf das 30er Kettenblatt gewechselt. Beim Bergab-Fahren auf der Straße konnte ich bis knapp unter 40 km/h noch mittreten. Bergauf passte das 30er gut. Beim Samerberg-Enduro-Rennen fällt mir ein kurzer Abschnitt (vielleicht 50 m) auf Stage 3 ein, wo ich gerne noch einen schnelleren Gang gehabt hätte.

Beim Samerberg-Rennen zeigte das 30er Kettenblatt aber erste Ausfallserscheinungen (mehr dazu im 2. Teil), weshalb ich bald danach auf das 32er wechselte. Bergab war das nie ein Problem, auch nicht bei den vier weiteren Enduro-Rennen. Bergauf hätte ich mich aber das eine oder andere Mal gerne etwas weniger gequält. Trotzdem gingen damit auch zwei Alpen-Touren mit teils steilen Rampen und insgesamt 1200 bzw. 1600 Höhenmeter.

Ersatzteilversorgung und Defektanfälligkeit

Wenn man sich für XX1 entscheidet, sollte man auch bedenken, dass die Verbreitung noch nicht allzu groß ist und man bei einem Defekt unter Umständen nicht so schnell Ersatz bekommt. Bei der Wochenend-Tour ein geringeres Problem – Ersatzteile bekommt man online in wenigen Tagen. Bei einem längeren Bike-Trip könnte es aber blöd werden. Herkömmliche 10-fach-Schaltwerke hat bald mal ein Freund als Reserve oder der kleine Bikeshop in der Urlaubs-Bike-Region. Auch ein Ersatz-Laufrad lässt sich zur Not von einem Freund ausleihen.

XX1 ist aber mit nichts kompatibel. Hat man z.B. kein Ersatzschaltwerk zur Verfügung, müsste man zusätzlich zum Schaltwerk auch Kassette, Freilauf (ev. Nabe/Laufrad) und vermutlich auch den Schalthebel wechseln. Man müsste mal ausprobieren, ob man zur Not auch einige Gänge mit einem herkömmlichen Schaltwerk (und eventuellem Nachjustieren) schalten kann.

Um es vorwegzunehmen: Ich hatte 2-3 heftigere Steinkontakte mit dem Schaltwerk, als es bei der einen oder anderen Stelle zu eng wurde. Diese hat es unbeschadet überstanden und das Schaltwerk ist kaum ausgeschlagen.

[bigimg]9652 Kratzer zeugen von ein paar Steinkontakten, die das XX1 Schaltwerk aber unbeschadet überlebt hat. Schön zu sehen hier auch die X-Horizon-Technologie: Das Parallelogramm bewegt sich in der horizontalen Ebene und nicht schräg nach unten, wie bei herkömmlichen Schaltwerken. Das soll eine Bewegung des Käfigs bei einem Schlag von unten minimieren und ungewolltes, kurzfristiges Schalten verhindern.[/bigimg]

Ohne Bashguard sind auch Kettenblätter häufig defektanfällig. Einerseits können sie verbiegen, andererseits droht „Zahnausfall“, wenn bei einem Steinkontakt die Kette grad nicht am großen Kettenblatt liegt. XX1 ist da weniger betroffen, da erstens die Kettenblätter meist kleiner sind und zweitens die Kette immer am (einzigen, großen) Kettenblatt läuft.

Im 2. Teil des XX1-Test-Berichts geht es um die Fahreindrücke in der Praxis und die Standfestigkeit.
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